Da ich eh schnell nach Siem Reap wollte und nicht wirklich scharf auf eine weitere Großstadt war, die sich auch in Asien am Ende alle sehr ähnlich sind, hatte ich nur anderthalb Tage für die Kambodschanische Hauptstadt eingeplant.
Was neben den Ähnlichkeiten die Unterschiede zwischen Vietnam und Kambodscha ausmacht, ist mir schon während der Busfahrt einiges aufgefallen. Die Kambodschaner sind deutlich vielfältiger und offensichtlich sehr engagiert, was Sport angeht. Unterwegs konnte man diverse Leute beobachten, wie sie Volleyball, Schach, Fußball, Sepaktakraw (wenn Ihr das nicht kennt, erkundigt Euch bei meinen ehemaligen Kollegen von Ufa, die wissen, wie erfolgreich das in Asien ist) oder Badminton spielten. Einfach auf der Straße oder in den Gärten hinter ihren Häusern.
Wenn man durch Phnom Penh wandert, fällt einem viel eher auf, dass es auch hier deutliche Klassenunterschiede zu geben scheint. Die Häuser sind schon teilweise sehr unterschiedlich. In Vietnam wirkte das eher einheitlich arm, fand ich. Im Vergleich zu Vietnam sind die Häuser aber auch viel höher und mit eher 3-4 Stockwerken ausgestattet, als mit nur ein oder zwei. Einen großen Unterschied gab es bei den Tempeln, die sehen in Kambodscha ganz anders und viel, viel prunkvoller aus, als in China und Vietnam, wo sie sich noch sehr ähnelten. Da kriegte man fast wieder Lust, mal wieder in einen hinein zu gehen ;)
Am ersten Abend bin ich mit Sam nur noch eine Kleinigkeit essen gewesen, um dann am nächsten Morgen rechtzeitig aufzustehen und zu den Killing Fields zu fahren. Eine von zwei wichtigen aber auch extrem bedrückenden Schauplätzen der Khmer Rouge Ära. Ehrlicherweise hatte ich von denen, bevor ich nach Kambodscha kam, noch nie gehört - Reisen ist offensichtlich der beste Geschichtsunterricht ;) Was ich in den nächsten zwei Tagen und hinterher in dem Buch 'First they killed my father' dazu lesen würde, war für mich dann aber auch unbegreiflich und schrecklich.
Die Khmer Rouge unter der Leitung von Pol Pot und seinem Regime, wollten in den 70ern Kambodscha mithilfe des Reisanbaus zu altem Reichtum zurückführen. Dafür brauchten sie vor allem eine Menge Arbeiter, die auf den Feldern hart arbeiten würden. Die Städte sollten quasi aufgelöst werden und alle Leute als Arbeiter auf's Land ziehen. Vereinfacht gesagt, waren Arbeiter die guten Leute und gebildete Menschen, die ggfs. diese Idee in Frage stellten, die Bösen. So wurden denn auch reihenweise Gebildete und Studierte, sobald sie sich irgendwas zuschulden kommen ließen (oder auch nicht), gefangen genommen, gefoltert, in Arbeitslager gebracht oder direkt hingerichtet. Dieses dann auf die grausamste Weise, mit Schlagstöcken, Hammern, etc., um keine wertvolle Munition zu verschwenden. Und weil zu befürchten war, dass bei dieser Vorgehensweise die Angehörigen der Verurteilten Personen in den Widerstand gehen würden, hat man diese oftmals ebenfalls 'beseitigt'. Die Killing Fields sind eines der Lager, wo die Gefangenen hingebracht wurden, nachdem sie zuvor schon meist der ewigen Folter in den Gefängnissen ausgesetzt waren. An dieser Stelle sind unzählige Massengräber, die man nach dem Ende der Khmer Rouge Ära entdeckt hat. Heute kann man viele Geschichten der Hinterbliebenen oder Überlebenden per Audio-Guide hören. Auf dem Gelände sind die ausgehobenen Gräber zu sehen und an manchen Stellen noch Kleiderstücke, die infolge von Regen nach und nach freigelegt werden. An einem Baum in der Mitte hängt ein Schild, das besagt, dass an diesem Kleinkinder und Babies getötet wurden. An den Füssen festgehalten wurden Ihre Körper an den Baum geschleudert. Wissen tut man dies, weil man im Nachhinein Knochenstücke und Teile von Gehirnmasse an dem Baum kleben sehen hat...
Am nächsten Morgen habe ich mir dann noch den zweiten wichtigen Ort zu dieser Geschichte angeschaut. Das Tuol Sleng Gefängnis im Stadtzentrum. Hier wurden die Gefangenen zunächst hingebracht und gefoltert. Genau sieben Überlebende gab es hier, als die Vietnamesen in Kambodscha einmarschierten und der ganzen Nummer ein Ende machten. Einige von ihnen sind regelmäßig im Gefängnis anzutreffen. Sie erzählen aus dieser Zeit und verkaufen Bücher mit ihren Geschichten. Das Gefängnis besteht hauptsächlich aus Zellenblöcken, wobei die einzelnen Zellen in der Regel nicht größer waren, als 1mx2m. 'Geduscht' wurde ein- bis zweimal im Monat, indem ein Schlauch in die Zelle gehalten wurde. Im Innenhof standen Gerüste, an denen die Gefangenen kopfüber aufgehängt wurden, bis sie bewusstlos wurden und dann in eine Flüssigkeit getaucht wurden, die dafür sorgte, dass sie wieder zu sich kamen.
Unfassbar, dass es so etwas tatsächlich noch in den 70er Jahren gegeben hat. Und unfassbar, wieviele Leute mit ihren Kameras über das Gelände laufen und Fotos von dem Baum, von Kleiderresten, von Zähnen usw. machen. Für mich sind solche Orte immer zur Information und Aufklärung da und der Respekt gebietet es irgendwie, keine Fotos zu machen. Erzählen kann man auch so. In dieser Zeit wurden übrigens ca. Zwei bis drei Millionen Menschen umgebracht. Bei einer Gesamtbevölkerung von damals acht Millionen. Wenn man sich in Kambodscha umschaut, bemerkt man in der Tat, dass es im Vergleich nicht so viele alte Menschen gibt, wie in anderen Ländern.
Den Rest der Zeit habe ich mir dann noch das Stadtzentrum, den Central Market, einige Tempel und den Grand Palace angeschaut. Märkte habe ich ja nun in der Tat schon einige gesehen. Die Produkte unterscheiden sich da nicht mehr wirklich, so dass sich das Kaufen inzwischen sehr in Grenzen hält. Die Tempel und der Grand Palace sind, wie gesagt, im Vergleich ungemein prunkvoller als in den anderen Ländern in denen ich bisher war. Alles ist mit Gold und Glitzer besetzt. TukTuk-Fahrer fallen mir schon fast gar nicht mehr auf. Die Promenade entlang des Mekong ist jetzt nicht unbedingt die schönste, die ich je gesehen hatte.
Dafür sind mir aber tatsächlich die unzähligen rüstigen Amerikaner aufgefallen, die junge Asiatinnen am Arm hatten und Ladyboys gab es an jeder Straßenecke. In Bangkok hatte ich ja schon damit gerechnet, dass mir das aber hier auch schon so häufig über den Weg laufen würde hatte ich nicht gedacht. Wobei ich mit den Ladyboys auch keine Probleme habe.
Und eine gute Sache fällt mir dann auch doch noch zu Robert ein. Die Essensempfehlungen, die er uns gegeben hat, waren durchweg gut. Die Khmer-Küche ist superlecker. Soweit ich das beurteilen kann, sehr geprägt durch Lemongras und Kokosmilch. Lecker!