Montag, 8. Dezember 2014

Die AllBlacks in Wellington

Mittags ging es direkt vom Bus auf die Fähre und dann fast vier Stunden durch die Marlborough Sounds und rüber zur Nordinsel. Und tatsächlich haben alle Reiseführer recht, es ist eine traumhafte Strecke, noch dazu bei Sonnenschein. Es war dank Wind und frühlingshafter Temperaturen zwar ziemlich kühl an Deck, aber das gibt uns Nordlichtern ja auch ein Gefühl von Heimat ;) 




Schon am Fährterminal hatte man ein Gefühl dafür kriegen können, wie es später in Wellington aussehen würde. Unzählige Leute und Familien in Klamotten der AllBlacks, der neuseeländischen  Rugby-Nationalmannschaft. Mit Südafrika war immerhin auch die - neben den AllBlacks - aktuell erfolgreichste Mannschaft der Gegner. Ein Ticket zu bekommen war noch relativ einfach, was Übernachtungen anging, war die Stadt allerdings komplett ausgebucht. Das bekam dann auch mein Mitreisender, Emanuel, ein Deutscher, der schon seit zwei Jahren durch die Welt reist zu spüren. Wir hatten uns auf der Fähre kennengelernt und später für den Abend noch verabredet. Dort erzählte er mir dann, dass er versuchen würde, die Nacht auf der Straße durchzumachen und dann die nächste Nacht hoffentlich bei einer Bekannten unterkommen würde. Ich hätte ihm ja angeboten in meinem Hostelzimmer zu schlafen. Dieses war aber voll belegt und zu schön, als dass ich riskieren würde, hier die zweite Nacht nicht mehr schlafen zu dürfen. Da bin ich dann doch immer noch egoistisch :) 

Nachdem wir also angekommen waren, lief ich mit Emanuel zu Fuß vom Terminal in die Innenstadt. Er war schonmal länger in Wellington gewesen und kannte sich aus. Wir sprachen übrigens die ganze Zeit Englisch, weil er es nicht so gerne hatte, als Deutscher zu 'enttarnt' werden... Aber sonst war er eigentlich ganz nett ;) Er war 24, hatte, bevor er auf Reisen ging in Großbritannien in einer Senioreneinrichtung gelebt, in der man 6 Tage die Woche 24 Stunden mit den Bewohnern zusammenlebt. Bestimmt keine leichte Arbeit, aber auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, Geld zu sparen. Dadurch, dass er so lange reiste, war er aber auf einem ziemlich engen Budget-Trip. Er hatte u.a. Auch die Nacht zuvor auf einer Koppel in der Nähe des Fährterminals gecampt, nur im Schlafsack, um die Übernachtungskosten zu sparen. Zwischendurch verdiente er sich Geld mit Musik am Straßenrand oder arbeitete als Volunteer für Unterkunft und Verpflegung. 

Wir hatten uns für den Abend noch auf ein Bierchen verabredet - ich hatte ja sonst nix zu tun - und wollten uns zunächst auf der Cuba Street treffen, der Einkaufs- und Kneipenstraße Wellingtons. Obwohl nur 10min von meinem Hotel entfernt, verlief ich mich erst einmal. Als ich einen Studenten, der gerade am Straßenrand saß und aß, nach der Richtung fragte, stand er kurzerhand auf und bot an mich dort hinzubringen. So sind sie die Neuseeländer :) Unterwegs erzählte er mir, dass er noch studierte, nach Ende des Studiums Neuseeland aber vermutlich verlassen würde, weil es für junge Leute kaum Jobs gäbe. Irgendeinen Haken muss es ja auch geben, in diesem vermeintlich so perfekten Land... An der Cuba Street angekommen, vergewisserte er sich kurz, dass ich wusste, wo ich jetzt hinmusste und verabschiedete sich dann.



Emanuel saß schon auf einer Bank mit einem anderen Typen, der davor eine Kiste aufgestellt und und eine Decke ausgebreitet hatte. Dort bot er Dinge zum Tausch an und wollte vor allem Essen haben. Kreativ oder doch nur abgedreht und ein bißchen traurig? Auf jeden Fall nix für mich. Da kann ich noch 25.000 Jahre weiter reisen, ich werde niemals zu so einem Alternativ-Hippie mutieren. Ich finde, auch wenn man als Budgetreisender unterwegs ist, gibt es keinen Grund z.B nicht regelmäßig zu duschen. Und ich freue mich jedesmal wieder, wenn ich die Anfang 20-jährigen in den Hostels sehe, die täglich Nudeln mit Tomatensauce essen, dass ich mir auch mal ein bißchen mehr leisten kann, ohne nachdenken zu müssen. Essen ist doch schließlich sowas Gutes! 

Naja, nach einem kurzen Abstecher auf den freitäglichen Nachtbasar, auf dem es allerlei internationale Snacks und sonstigen Klimbim gab, gingen wir dann Richtung Hafen und kauften uns auf dem Weg dahin noch ein paar Kaltgetränke, mit denen wir uns dann auf eine Bank setzten. Kurze Zeit später gesellte sich dann auch der Tauschkönig dazu, der entweder schon einen gehoben oder/und einen geraucht oder sonstiges zu sich genommen hatte. Und nach einiger Zeit tauchte dann auch noch die Security auf, weil es natürlich in Neuseeland verboten ist, in der Öffentlichkeit zu trinken... Der Kollege war allerdings mal komplett entspannt, nachdem er registriert hatte, dass wir Ausländer sind. Er sagte, wir sollen in Ruhe austrinken und dann die Flaschen ordentlich wegwerfen und uns beim nächsten Mal dann einen anderen Platz suchen. Wie schön, dass die Jungs wenigstens Ihr anderes Zeug in den Taschen gelassen hatten... Danach hatte ich dann auch genug. Für einen anständigen Menschen, wie mich war das zuviel :) Ich ging zurück ins Hostel, um am nächsten Tag rechtzeitig aufzustehen. Schließlich hatte ich nur den einen Tag, um die Hauptstadt Neuseelands zu erkundigen. 

Am nächsten Morgen lief ich also wieder erstmal in Richtung Innenstadt. Es waren schon unendlich viele Leute in Trikots und Jacken der AllBlacks und der Springboks (Spitzname der Südafrikaner) unterwegs und eine ganz tolle, entspannte, voller Vorfreude geladene Stimmung. Als ich dann an dem Laden mit dem offiziellen Merchandise vorbei kam, konnte natürlich auch ich nicht mehr widerstehen und kaufte mir die schwarze AllBlacks Adidas Fleece-Jacke, die ich schon in Dunedin im Auge hatte. Dem einen oder anderen mag allerdings auf Facebook auch aufgefallen sein, dass ich diese ziemlich häufig im Laufe meiner Reise getragen habe und die 140NZ$ durchaus eine lohnende und sinnvolle Investition waren :) 

Mit meinem Shopping-Erfolg ging es dann mit der Cable Car nach Kelburn, einem auf einem Hügel liegenden Vorort der Stadt. Von dort kann man natürlich die Aussicht genießen und dann durch den botanischen Garten wieder runter in die Stadt gehen. Vorbei am Friedhof und einigen Kirchen - unter anderem der Old St. Paul's Kirche, die komplett aus Holz gebaut wurde, und eine wirklich schöne Atmosphäre hat - kam ich zurück an die Quays und machte dort einen Abstecher zum Underground Market, der immer samstags unter den Quays stattfindet. Schon wieder so ein Ort, an dem es viele, nette Kleinigkeiten und Essen gibt... Und vor allem war er überdacht, was wirklich angenehm war, weil es schon den ganzen Tag nieselte.






Jetzt musste ich mich aber auch langsam auf den Rückweg zum Hostel und fertig für das Spiel machen. Inzwischen war eine neue Mitbewohnerin angekommen. Sarah aus München, die die letzten Monate ihre Famulatur im Krankenhaus in Blenheim gemacht hatte und jetzt noch ein bißchen reiste. Und die auch noch zum Spiel ging. Sie bot mir an, mich mit dem Auto mitzunehmen, aber ich wollte lieber noch ein bißchen mehr Atmosphäre aufsaugen und zu Fuß gehen. Und die war wirklich großartig, typisch neuseeländisch. 

Überall standen Leute in den Kneipen, waren Familien auf dem Weg ins Stadion und alles war entspannt und fröhlich. Ich hatte mir auch sagen lassen, dass während des Spiels alle mitfiebern und wollen, dass die AllBlacks gewinnen. 


Wenn das dann aber nicht der Fall ist, vergeht der Ärger aber auch recht schnell wieder und andere Dinge sind wieder wichtiger. Wenn man bedenkt, dass Wellington nur 350.000 Einwohner hat, und das Stadion eine Kapazität von 36.000, ist das ganz schön groß. Gefühlt waren die Hälfte der Zuschauer aber auch Touristen. Direkt am Eingang zu meinem Block traf ich zwei von denen, mit denen ich mich ein wenig unterhielt. Einer wusste gar nichts von dem Spiel, als er nach Wellington kam, hatte zufällig eine Unterkunft über Couchsurfing und von seinem Host auch noch das Ticket zu einem Spotpreis bekommen, weil dessen Bruder nicht gehen wollte. Is klar, ne... Mit den beiden und ein paar anderen verabredete ich mich für nach dem Spiel noch auf ein paar Bier, konnte sie dann allerdings nicht am vereinbarten Treffpunkt finden.


Als ich meinen Platz suchte, stellte ich fest, dass Reihe NN gar nicht die letzte, sondern die erste Reihe im Unterrang war und somit direkt angrenzend ans Spielfeld. Das Stadion ist aber noch ein wenig im alten Stil gebaut, wie, als es noch Laufbahnen gab, so dass das Feld dann doch noch ein paar Meter entfernt war. Und die Trainerbänke verdeckten ein wenig die Sicht. Dafür wärmten sich dann aber die Auswechselspieler direkt vor meiner Nase auf. Alter Falter! DAS sind Sportsmänner. Ich kann schon verstehen, wenn man als Rugby-Fan American Football nicht ganz ernst nehmen kann...



Neben mir saß eine Familie mit einem Sohn, der vielleicht 15 war. Wie immer, sehr nett und vor allem bereit, mir alle meine Fragen zu beantworten. Doch vor dem Spiel kam ja erst einmal der Hauptgrund, warum ich das Ganze machen wollte. Der Haka - Kriegstanz der Maori, den die AllBlacks vor jedem Spiel (bei dem es erlaubt ist) durchführen. Tatsächlich ist es aber viiiieeell beeindruckender, wenn man diesen im TV oder einem Screen sieht... Wenn man die Gesichter der Spieler deutlich sehen kann. Was aus ca. 30-40 Metern nicht der Fall ist. Dafür war dann das Spiel tatsächlich sehr spannend und die ganze Zeit relativ ausgeglichen. Auch wenn die Atmosphäre lange nicht mit der beim Fußball in Deutschland vergleichbar ist, ist es irgendwie besonders. Den einzigen Touchdown im Ganzen Spiel, zu Beginn der zweiten Halbzeit, kriegte ich leider auch nur auf dem Bildschirm mit, da ich noch am Kaffeestand in der Schlange wartete. Das ist auch noch so eine Sache, die mich fasziniert. Wäre ich nicht auf Reisen, sondern im normalen Leben, würde sie mich wahrscheinlich verrückt machen... Schon, als ich mir in Queenstown morgens einen Kaffee in einem Coffee-Shop holte, ließ mich der Kollege hinter der Bar wissen, dass es ca. 10min dauern würde. 10min!?! Habe ICH den Sinn eines Coffee-to-go nicht verstanden oder IHR? Tatsächlich nimmt aber auch das jeder selbstverständlich hin und wartet einfach. Wo ist das Problem ;)


Nach dem Spiel habe ich mich dann mit den Massen wieder in Richtung Innenstadt und dann zum Hostel begeben. Als ich ankam, war Sarah auch gerade zurückgekommen, um sich umzuziehen und dann noch mit ein paar Leuten feiern zu gehen. Dort schloss ich mich an. Wir landeten in einer Bar, in der eine bunte Mischung von Leuten und Musik herrschte. Es waren viele Leute, die auch beim Spiel waren oder es zumindest im Fernsehen gesehen hatten, was ganz gut an den Trikots zu erkennen war. Von Anfang 20 bis über 60, alles dabei. Das und der Mix aus Klassikern der 90er machten das Ganze ziemlich entspannt und fröhlich. Ach ja, und vielleicht auch der Alkohol ;) Zwischendurch wollten wir auf Empfehlung noch in eine andere Bar. Die war aber irgendwie komisch. Also sind wir wieder zurück zur ersten und haben weiter getanzt. Bevor es später ins Bett ging, gab es zum Abschluss des Abends noch ein leckeres Stück Pizza mit ordentlich Käse. Weise Entscheidung, wie ich am nächsten Morgen feststellen konnte. 


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